Die WEG Reform 2020 ist beschlossen. Bundestag und Bundesrat haben das WEMoG (Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz) am 17.9. nach der dritten Lesung verabschiedet. Die Novelle tritt damit am 01.12.2020 in Kraft.

Damit steht die größte Reform im Wohn- und Eigentumsrecht seit vielen Jahrzehnten bevor.

Unsere Eigentümergemeinschaften werden von uns selbstverständlich über alle Neuerungen informiert. Besonders freut uns die Möglichkeit, Umlaufbeschlüsse zukünftig digital (z.B. per Mail oder Online-Umfrage) durchführen zu können. Damit geht die Rechtsprechung zumindest einen kleinen, aber wichtigen Schritt in die richtige (digitale) Richtung.

 

Nachfolgend möchten wir Ihnen die wichtigsten (geplanten) Änderungen vorstellen:

  • Die Beschlussfassung über bauliche Veränderungen der Wohnanlage soll vereinfacht werden, insbesondere für Maßnahmen, die zu nachhaltigen Kosteneinsparungen führen oder die Wohnanlage in einen zeitgemäßen Zustand versetzen.
    Beschlussfassungen über die Durchführung baulicher Veränderungen am Gemeinschaftseigentum oder die Gestattung baulicher Veränderungen werden vereinfacht. Diese sind nach § 20 Abs. 1 WEG-neu künftig mit einfacher Mehrheit möglich, ohne dass es auf die Zustimmung aller von einer Maßnahme beeinträchtigten Eigentümer ankommt.
    Dabei haben prinzipiell diejenigen Eigentümer die Kosten zu tragen, die der Maßnahme zugestimmt haben. Jedoch haben alle Wohnungseigentümer die Kosten entsprechend ihrem Miteigentumsanteil zu tragen, wenn die Maßnahme mit mehr als zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und mehr als der Hälfte der Miteigentumsanteile beschlossen worden ist (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 WEG-neu). Die Kostentragung durch sämtliche Eigentümer soll wiederum nicht gelten, wenn die bauliche Veränderung mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist. Durch diese Einschränkung sollen einzelne Eigentümer vor einer finanziellen Überforderung geschützt werden.
    Eine Verteilung der Kosten auf sämtliche Eigentümer ist auch vorgesehen, wenn sich die Kosten der Maßnahme innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisieren (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 WEG-neu).
  • Um die Sanierung und Modernisierung von Wohnungseigentumsanlagen zu vereinfachen, erhält zudem jeder Wohnungseigentümer einen Anspruch darauf, ihm auf eigene Kosten den Einbau einer Lademöglichkeit für ein Elektrofahrzeug, einen barrierefreien Aus- und Umbau, Maßnahmen zum Einbruchsschutz sowie zum Zugang zu einem schnellen Internetanschluss zu gestatten (§ 20 Abs. 2 WEG-neu).
  • Ein Wohnungseigentümer, der nicht berechtigt ist, Nutzungen zu ziehen, kann verlangen, dass ihm dies nach billigem Ermessen gegen angemessenen Ausgleich gestattet wird. Für seine Beteiligung an den Nutzungen und Kosten gilt Absatz 3 entsprechend. Das bedeutet, dass Eigentümer, die die Kosten nicht getragen haben und nicht zur Nutzung berechtigt sind, um später doch die Nutzung gestattet zu bekommen, einen Ausgleich an die Eigentümer zahlen müssen, die bisher die Kosten getragen haben.

 

  • Jahresabrechnung: Die WEG-Reform sieht neue Regelungen zur Jahresabrechnung vor. So beschränkt sich die Beschlussfassung über die Jahresabrechnung auf die Abrechnungsspitze (§ 28 Abs. 2 WEG-neu); das Rechenwerk selbst hingegen ist künftig nicht mehr Beschlussgegenstand.
    Ein jährlicher Vermögensbericht, der über die wirtschaftliche Lage der Gemeinschaft Auskunft gibt, ist nun Pflichtbestandteil der Jahresabrechnung. Bei uns ist dieser seit vielen Jahren Standard!

 

  • Die Wohnungseigentümerversammlung soll als zentraler Ort der Entscheidungsfindung aufgewertet werden, indem die Ladungsfrist verlängert (3 Wochen statt bislang 2 Wochen) und Hürden für die Beschlussfähigkeit beseitigt werden. Zugleich soll es Wohnungseigentümern ermöglicht werden, die Chancen der Digitalisierung zu nutzen, insbesondere indem die Online-Teilnahme an Versammlungen und die elektronische Beschlussfassung gestattet werden.
    Eine Eigentümerversammlung ist zudem künftig unabhängig von der Zahl der anwesenden oder vertretenen Eigentümer beziehungsweise Miteigentumsanteile beschlussfähig. § 25 Abs. 3 WEG in der bisherigen Form wird gestrichen. Aufwand und Kosten für Wiederholungsversammlungen sollen damit vermieden werden.

 

  • Umlaufbeschlüsse: Umlaufbeschlüsse bedürfen künftig nur noch der Textform anstatt der Schriftform (§ 23 Abs. 3 WEG-neu). Hierdurch soll die Möglichkeit eröffnet werden, auch elektronische Kommunikationsmittel wie E-Mail, Internetplattformen oder Apps zu nutzen, um einen Umlaufbeschluss zu fassen. Die vielfach erhobene Forderung, das Quorum für Umlaufbeschlüsse, die bisher der Allstimmigkeit bedürfen, generell abzusenken, hat im reformierten Gesetz keinen Niederschlag gefunden. Allerdings können die Wohnungseigentümer künftig bezüglich konkreter Beschlussgegenstände beschließen, dass hierüber im Umlaufverfahren mit Stimmenmehrheit entschieden werden kann (§ 23 Abs. 3 Satz 2 WEG-neu). Die Gesetzesbegründung nennt als Anwendungsbeispiel den Fall, dass eine Beschlussfassung in einer Eigentümerversammlung mangels hinreichender Informationen nicht möglich ist. Dann könnten die Eigentümer beschließen, die Beschlussfassung per Mehrheitsbeschluss im Umlaufverfahren nachzuholen.

 

  • Der Verwaltungsbeirat soll gestärkt werden, indem seine Zusammensetzung flexibilisiert und die Haftung seiner Mitglieder beschränkt werden.
    Zukünftig muss der Verwaltungsbeirat daher nicht mehr zwingend aus 3 Mitgliedern bestehen!
    Bei mehreren Mitgliedern gibt es einen Vorsitzenden und einen Stellvertreter.
    Um mehr Eigentümer zu motivieren, sich als Verwaltungsbeirat zur Verfügung zu stellen, wird die Haftung ehrenamtlicher Beiräte auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt (§ 29 Abs. 3 WEG-neu).
    Zudem erhält der Verwaltungsbeirat als Aufgabengebiet in § 29 Abs. 2 WEG-neu ausdrücklich die Überwachung des Verwalters.
    Dem Verwalter gegenüber vertritt der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats oder ein durch Beschluss dazu ermächtigter Wohnungseigentümer die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

 

  • Gesetzliche Absicherung für den Verwalter bei Kleinreparaturen: Der Verwalter kann künftig in eigener Verantwortung ohne Beschlussfassung über Maßnahmen entscheiden, die von untergeordneter Bedeutung sind und nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen. Das sieht § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG-neu vor. Ein Maßstab für die Bedeutung einer Maßnahme und die Erheblichkeit daraus resultierender Verpflichtungen soll der Gesetzenbegründung zufolge die Größe der Anlage sein. Mit der Größe der Anlage wachse in der Regel der Kreis der Maßnahmen, die der Verwalter eigenverantwortlich treffen könne und müsse.
    Der Begründung zufolge sollen je nach Einzelfall neben kleineren Reparaturen auch der Abschluss von Versorgungs- und Dienstleistungsverträgen in beschränktem Umfang oder die gerichtliche Durchsetzung von Hausgeldforderungen zum Kreis der Maßnahmen gehören können, die der Verwalter eigenverantwortlich und ohne Beschlussfassung durch die Eigentümer durchführen kann.
    § 27 Abs. 2 WEG-neu gibt den Wohnungeigentümern die Möglichkeit, selbst diejenigen Maßnahmen zu definieren, deren Erledigung sie in die Verantwortung des Verwalters legen wollen. Dazu können sie etwa Wertgrenzen oder Maßnahmenkataloge aufstellen.
    Wir handhaben es hier natürlich weiterhin so, dass wir in engem Austausch mit dem Verwaltungsbeirat agieren.

 

  • Gemeinschaft als Träger der Verwaltung: Um die oft schwierige Unterscheidung zu beseitigen, ob im Einzelfall die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer oder die Wohnungseigentümer selbst Träger von Rechten und Pflichten sind, ist künftig die Gemeinschaft Träger der gesamten Verwaltung, die durch ihre Organe handelt (Eigentümerversammlung als Willensbildungsorgan, Verwalter als Vertretungsorgan).
    Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums soll effizienter gestaltet werden, indem die Rolle der rechtsfähigen Gemeinschaft der Wohnungseigentümer klar konzipiert und ihre Teilnahme am Rechtsverkehr vereinfacht werden.

 

  • Einfachere Abberufung des Verwalters: Wohnungseigentümergemeinschaften können sich künftig einfacher von einem Verwalter trennen. So ist die Abberufung des Verwalters nicht mehr vom Vorliegen eines wichtigen Grundes abhängig, sondern die Wohnungseigentümer können den Verwalter jederzeit abberufen (§ 26 Abs. 3 WEG-neu). Spätestens sechs Monate nach der Abberufung endet der Verwaltervertrag.

 

  • Flexiblere Entscheidung über Kostentragung: Die Wohnungseigentümer können künftig umfassender über die Kostenverteilung beschließen. Während sich diese Befugnis nach derzeitiger Rechtslage auf die Kostenverteilung für Maßnahmen im Einzelfall beschränkt und eine qualifizierte Mehrheit erfordert, sieht § 16 Abs. 2 WEG-neu vor, dass die Eigentümer künftig mit einfacher Stimmenmehrheit und losgelöst vom Einzelfall über die Verteilung einzelner Kosten oder bestimmter Kostenarten beschließen können.

 

  • Grundbucheintragung vereinbarungsändernder Beschlüsse: Vereinbarungsändernde Beschlüsse, die auf Grundlage einer gesetzlichen oder rechtsgeschäftlichen Öffnungsklausel gefasst werden, wirken nach aktueller Rechtslage auch ohne Grundbucheintragung gegenüber Erwerbern von Wohnungseigentum. Um einen besseren Erwerberschutz zu gewährleisten, bedürfen Beschlüsse, die die Eigentümer auf Grundlage einer rechtsgeschäftlichen Öffnungsklausel gefasst haben, in Zukunft der Eintragung im Grundbuch, um gegenüber Rechtsnachfolgern zu wirken (§ 10 Abs. 3 WEG-neu).

 

  • Werdende Wohnungseigentümergemeinschaft bei Neubauten: Um Rechtsunsicherheiten im Zusammenhang mit der Rechtsfigur der „werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft“ zu beseitigen, sieht die WEG-Reform vor, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer künftig schon mit Anlage der Wohnungsgrundbücher als Ein-Mann-Gemeinschaft entsteht.
    Ersterwerber von Wohnungseigentum können künftig schon ab Besitzübergabe über die Verwaltung mitentscheiden (§ 8 Abs. 3 WEG-neu). Damit findet die von der Rechtsprechung entwickelte Rechtsfigur „werdender Wohnungseigentümer“ auch im Gesetz Niederschlag.

 

  • Harmonisierung von Miet-  und Wohnungseigentumsrecht: Zur Harmonisierung von Miet- und Wohnungseigentumsrecht sind Mieter von Sondereigentumseinheiten künftig verpflichtet, Baumaßnahmen in der Wohnungseigentumsanlage zu dulden (§ 15 WEG-neu).
    Auch hinsichtlich der Betriebskostenabrechnung sieht die WEG-Reform eine Harmonisierung vor. So ist bei vermieteten Eigentumswohnungen auch im Verhältnis zwischen dem vermietenden Eigentümer und dem Mieter künftig die in der WEG geltende Kostenverteilung maßgeblich (§ 556a Abs. 3 BGB-neu). Aktuell ist mietrechtlich die Wohnfläche maßgeblich, während das WEG eine Kostenverteilung nach Miteigentumsanteilen vorsieht.

 

Durch diverse Lehrgänge und Seminare wird unser Team bereits zum Start der WEG-Novelle bestens vorbereitet sein, wenngleich natürlich jede Gesetzesänderung entsprechende Diskussionsräume mit sich bringt.

Ihr KomPFORR-Team!